Der Protest gegen TTIP wird laut

Die selbstorganisierte europäische Bürgerinitiative hat bereits über 1 800 000 Unterschriften. Am 18. April 2015, dem weltweiten Aktionstag gegen das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP, marschierten allein in Wien etwa 12 000 Menschen über die Ringstraße. Auf der ganzen Welt gab es in 46 Ländern 740 Aktionen. Der 21. Mai, der Welt-Tag der kulturellen Vielfalt, wurde vom Deutschen Kulturrat diesmal zum TTIP-Protesttag ausgerufen. Viele Künstlerinnen traten deutschlandweit gegen TTIP auf. In Österreich versammelten sich Kulturschaffende zu einer Kundgebung vor dem Künstlerhaus und am Abend gab es im ehemaligen Ostklub eine Pressekonferenz des Musikrat Österreich. Kulturminister Ostermayer betonte in einer Presseaussendung, dass kulturelle Vielfalt und Freiheit der Kunst auch in Freihandelsabkommen gesicherten werden müssen.

Sind nun Kunst und Kultur von TTIP und den anderen beiden Freihandelsabkommen CETA und TISA wirklich bedroht?

Das kann ohne zu zögern bejaht werden. Oft ist allerdings zu hören, dass Kultur nicht betroffen sei, da es ja die „kulturelle Ausnahme“ gäbe. Diese umfassende Ausnahme gibt es aber nicht. Den Begriff „kulturelle Ausnahme“ – L’exeption culturelle – führte Frankreich im Zuge der GATT Verhandlungen 1993 ein: Kulturelle Güter und Dienstleistungen sollten aus den internationalen Verträgen und Abkommen herausgehalten werden. Diese umfassende Ausnahme kommt aber in den TTIP-Verhandlungen nicht vor. In einer Resolution vom 14. Juni 2013 hat der EU-Rat auf Druck Frankreichs eine sogenannte „audiovisuelle Ausnahme“ beschlossen, indem der Bereich der audiovisuellen Medien aus den Verhandlungen herausgehalten werden sollte – vorläufig! („could be subject to revision“ …) Soviel den geleakten Dokumenten zu entnehmen ist, versuchen die USA dennoch über die „entertainment industries“, also nicht nur Filme und Musik, weiter zu verhandeln. Im Kommissionsdokument „TTIP and Culture“ heißt es, dass Kultur in Bezug auf Handel nicht klar definierbar sei. Im gleichen Dokument werden Theater, Bibliotheken oder Zirkus als nicht-kulturelle Dienstleistungen bezeichnet. Außerdem im Verhandlungsmandat beinhaltet: Verkauf und Verbreitung digitaler Medien, und „printing and publishing“. Wie werden kulturelle Güter in Zeiten der Digitalisierung, des Internets und der Streaming-Dienste verbreitet? Die USA drohen, die Handelsklassifikation der audiovisuellen Medien zu Telekommunikationsdienstleistungen zu ändern. Der Frage der Klassifizierungen wurde noch nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt. Ein weiteres Problemfeld tut sich bei der Übersetzung der Begriffe Urheberinnenrecht und Copyright auf. Während das Urheberinnenrecht die Rolle der Urheber in den Vordergrund stellt, ist es beim Copyright der „Publisher“, also der Produzent oder der Verleger.

In TTIP werden angeblich Förderungen und Subventionen erlaubt.

Aber an vielen Stellen, auch z.B. im Bezug auf die Landwirtschaft, heißt es: Das Prinzip (der erlaubten Subventionen) gilt für die nationale Gesetzgebung, die nicht diskriminierend sein darf und kein Hindernis beim Markteintritt bedeutet. In Verbindung mit der Investorenschutzklausel ISDS ist diese Formulierung nur als legale Basis für Klagen z.B. von Amazon zu begreifen, falls einzelne Länder ihre Bücher oder Filme schützen wollen. In CETA nimmt Kanada den Bereich „cultural industries“ heraus, die EU verzichtet darauf. Länder wie Slowakei oder Rumänien halten dennoch Ausnahmen fest, so etwa die den Bereich des Theaters. Österreich besteht derzeit auf einer einzigen Ausnahme: der Bergführerinnen- und Ski- Schulen. No comment. Stopp TTIP & Co!


Zuzana Brejcha ist Flüchtling und Filmemacherin.


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