Künstlerische Positionen: Kreativitätsroutinen

Drei künstlerische Positionen begleiten jede Ausgabe des Bildpunkt und sind als eigenständige Kommentare und Reflexionen zum jeweiligen Thema des Heftes zu verstehen.

Die Rückseite dieser Ausgabe wurde von Katharina Dankl gestaltet. Die Produktdesignerin und Designtheoretikerin erarbeitet u.a. partizipative Projekte, die unter Einbeziehung verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen neue Wege im Designfeld beschreiten. So hat sie für I love Brot gemeinsam mit ihrem Team Methoden entwickelt, um den Backwarenüberschuss einer Bäckerei zu reduzieren. Dabei wurden sowohl neue Produkte entwickelt, als auch die Kund_innen eingeladen, ihre Ideen und Wünsche mit dem Projektteam zu teilen. Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit sowie soziale Entwicklungen sind auch in ihren weiteren Projekten wichtige Themen.

Aus dem Film Performance (2014) von den Regisseurinnen Hanna Bergfors und Kornelia Kugler ist ein still auf dem Poster zu sehen. Gemeinsam mit der Drehbuchautorin Amelia Bande und den Hauptdarsteller_innen Paula Alamillo und Rodrigo Garcia Alves haben die beiden ein Projekt realisiert, das die Verhältnisse, in denen sie selbst als junge Künstler_innen in Berlin leben und arbeiten zum Thema macht. Fiktion und Dokumentation auch queerer und migrantischer Lebensrealitäten fallen dabei ineinander. „Ich mache mir oft Sorgen um meine Zukunft, aber dann merke ich: Das ist das Leben, das ich haben will.“ So bringt eine der Protagonist_innen des für den Film gegründeten und in ihm porträtierten Performance-Kollektivs die alte Ambivalenz zwischen Prekarität und kreativer Selbstverwirklichung auf den Punkt. Performance ist für Bergfors und Kugler ein Medium, das die starke Identifikation mit (kreativer) Arbeit, die in der sogenannten new economy gefordert wird, besonders treffend symbolisiert. Der Film ist unter ebenso prekären Bedingungen entstanden, wie er sie zeigt.

José Osorio arbeitet in kollektiv organisierten Projekten mit verschiedenen Künstler_innen zusammen, bei denen es nicht nur um kreative Routinen bzw. Rituale geht, sondern auch um die Einübung gemeinschaftlicher sozialer Praktiken. Seit 1998 bietet er Workshops in Guatemala Stadt an, seit 2000 im Rahmen des Künstler_innen-Kollektivs und Sozialprojektes Caja Lúdica. Die Bildstrecke, die in diesem Heft zu sehen ist, zeigt Fotos von Pintura sobre Asfalto. Die Möglichkeit, ohne Einschränkungen und Referenzen mit Farben auf die Straße malen zu können, sieht Osario als Mittel, einen öffentlichen Raum zu schaffen, in dem die alltäglichen Routinen gebrochen werden. Ein partizipativer, demokratischer Raum, der Austausch ermöglicht und zugleich Intervention und Realisation gemeinschaftlicher Arbeit in der Öffentlichkeit darstellt. Seine Workshops und die Angebote der Caja Lúdica richten sich vor allem an Jugendliche; kreative Rituale werden hier als essentieller Bestandteil von kultureller und sozialer Bildung und Organisation gesehen.