Freie Medien: Alte Forderungen

Zur Selbstorganisierung der alternativen Medien in Österreich

Ein BAM! tönte letzten September durch das regenverhangene Volksstimmefest: Eine Allianz unterschiedlicher kritischer Medien, darunter auch der Bildpunkt, hatte sich da erstmals präsentiert, um gemeinsam lautstärker auftreten können. Fehlende Rückenstärkung, ein zur Sprache bringen von Infrastrukturproblemen und marginalen Produktionsbudgets: Gründe dafür gibt es also genug – und gab es auch schon in der Vergangenheit. Unternimmt man einen Blick zurück, gewinnt man Einblicke in eine österreichische Alternative Medienszene, die unter sehr unterschiedlichen Voraussetzungen wirkte: Als Interessensvertretung entstand zunächst 1990 die VAZ, die Vereinigung alternativer Zeitungen und Zeitschriften, mit dem Anlass, ein gemeinsames Vertriebssystem aufzubauen. Die Idee scheiterte relativ rasch, weil sich mit der inzwischen eingestellten MOZ das finanzkräftigste Zugpferd aus der Aufbauarbeit zurückzog und mit dem Anschlag von Ebergassing 1995 – und dem folgenden Entzug der Publizistikförderung für das TATblatt – sich der Fokus auf die Außenvertretung verlegte. Jedoch ohne Erfolg.

Auch im Hörfunk gab es in den 1990ern erste Formierungen, konkret 1991 mit der Pressure Group Freies Radio, die gegen ein staatliches Monopol intervenierte, dessen Öffnung 1993 erzwungen wurde. 1998 ging man legal auf Sendung, was nicht nur die Radioaktivist_innen euphorisch stimmte. Die sich in den 90ern etablierende österreichische Netzkultur formierte sich um 2000 als Konsortium.Netz.Kultur – und erstmals 1995 auf der Grazer Diagonale, wo u.a. Wissensvermittlung und die breite Zugänglichkeit des Internets forderte – d.h. letztlich mehr Ressourcen für das, was die Public Netbase ab 1994 in Wien unternahm. Den bisherigen Höhepunkt der Vernetzungsgeschichte gab es schließlich 1999, als mit der knapp betitelten „Linzer Medienkonferenz“ eine vielversprechende Plattform alle damaligen Player an einen Tisch brachte. Die abschließende „Linzer Erklärung“ formulierte in Richtung Politik, das diese ein „Fortbestehen einer pluralistischen Informationsgesellschaft“, also die Grundförderung der freien Radios, der alternativen Zeitschriften und der Netzkultur sicherzustellen habe. Der anwesende Kunststaatssekretär Peter Wittmann gestand einen enormen Aufholbedarf ein und kündigte Millionenbeträge an. Aus diesen Versprechungen wurde nichts: 2000 kam mit Schwarz-Blau der Rückschlag in allen Bereichen.

Die Existenzbedrohung – in Form eines gänzlichen Förderungsentzugs für freie Radios und Public Netbase und des Endes des begünstigten Postzeitungsversands – gab wiederum der politischen Organisierung einen Schub. Auf die (kleinere) Medienkonferenz 2000 folgte 2003 das Mediencamp am Karlsplatz, das nicht zuletzt die Stadt Wien kritisierte, deren finanzielles Einspringen in Verzögerungen und Versuchen politischer Einflussnahme gemündet war. 2003 gab es schließlich doch den Verhandlungsabschluss, der ganz unterschiedliche Bedingungen mit sich brachte, die auch Vernetzungen in den letzten 15 Jahren eher im Kleinen verlaufen ließen: Mit Okto konnte ein Community-TV-Sender an den Start gehen und bei Radio Orange brach eine neue, institutionalisierte Welt aus. Der unbequemen Public Netbase entledigte sich man sich aber mit dem gänzlichen Förderungsentzug im Jahr 2006.


Paula Pfoser ist Bildpunkt-Redakteurin und beschäftigte sich 2011 bei der Wienwoche mit der Organisierungsgeschichte alternativer Medien.