Das Forum Stadtpark wird 60

Bericht von einem umkämpften Freiraum

Inmitten des Sommerlochs 2018 machte der Vizebürgermeister von Graz, Mario Eustacchio (FPÖ), sich für die Idee stark, das Forum Stadtpark solle – jedenfalls im Untergeschoss – in ein Kaffeehaus umgewandelt werden. Er versprach eine „Beflügelung“ der Kunst durch die Gastronomie und forderte, dass dieser zentrale Ort von einer „breiteren“ Öffentlichkeit genutzt werden solle. Bald fanden auch andere Politiker, dass das Haus nicht einer „erlesenen Elite“ vorbehalten sein dürfe, und eine „Öffnung“ notwendig sei.

Angesichts des Programms mit jährlich fast 200 Veranstaltungen und rund 20.000 Besucher*innen scheinen diese Positionen absurd. Das Haus wird voll und ganz ausgefüllt, da ist kein Platz für ein Café. Und wer sagt, dass ein kommerzialisierter Raum „offener“ sei als ein sehr vielfältig bespielter Freiraum für Kunst, Kultur und Diskurs? Dennoch kosten solche als harmlose „Anregungen“ verpackten Vorstöße viel Zeit und Nerven. Es wird eine Stimmung erzeugt, die das Arbeiten prekärer macht. Besonders seit 2017 ein Kongress für zivilen Ungehorsam stattfand und am selben Wochenende in Graz Vandalismus-Akte begangen wurden, hat sich die populistische Rechte auf das Forum Stadtpark eingeschossen. FPÖ-Politiker unterstellen haltlos, dass hier zu Gewalt aufgerufen werde, sie verbreiten falsche Zahlen über die Fördersummen und bedienen das Framing des „elitären“ Kunstraums.

Seit seiner Gründung ist das Forum Stadtpark ein Ort der kulturund gesellschaftspolitischen Debatte: „allen Einschränkungen der Freiheit des geistigen und künstlerischen Lebens mit geeigneten Mitteln entgegenzutreten“, lautet der Vereinszweck. Die Produktion und Präsentation von Gegenwartskunst wird seit jeher als Arbeit an der Gesellschaft praktiziert. Eine Stadt ist reich, eine Demokratie gesund, wenn sie über freie Denk- und Handlungsräume verfügt. Werden diese angegriffen oder gar geschlossen, wie es in Ungarn und Polen der Fall ist, geschieht dies im Vorhof einer autokratischen Zurichtung von Gesellschaft. Auch hierzulande wird an einer Vereinnahmung des Kulturbegriffs als rückgewandtes Ausschlusskonzept im Sinne einer angeblichen Leitkultur gearbeitet – nicht divers und kritisch, multioder transkulturell, sondern national und affirmativ.

Wie können wir darauf reagieren? Wir müssen analysieren und argumentieren, genau sein und streitbar. Wir brauchen Verbündete. Und wir müssen handeln. Demokratisch. Solidarisch. Empathisch. Mehr denn je braucht es Räume, in denen dies möglich ist. Im Forum Stadtpark erzeugt die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Standpunkte und Zugänge produktive Reibung: Es ist Arbeit an einer Gemeinschaft, die auf gegenseitiger kritischer Wertschätzung basiert.

„Freiheit ist das Gegenteil von Willkür“, hörte man unlängst Joseph Beuys’ Stimme bei der 24 Stunden Sauerkrautanimation von Karl Grünling im Forum Stadtpark klingen. Diese Freiheit scheint immer prekärer zu werden, besonders seit Rechtspopulist* innen in Regierungen sitzen. So fragen wir uns, ob es Zufall ist, dass Anfang November der Beschluss über die Mehrjahres- Kulturförderungen der Stadt Graz noch immer aussteht, seit die Kaffeehaus-Causa die Gemüter erhitzt …


Heidrun Primas und Robin Klengel leiten das Forum Stadtpark.